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3. Verständnis der neuen Realität

Die Dynamik der modernen und globalisierten Welt ist komplex und ständigen Veränderungen unterworfen. Die Staatsapparate sind in erheblichem Umfang gewachsen, es gibt eine Fülle von Ebenen, Behörden und Organisationen, die nicht immer koordiniert arbeiten. In dieser Realität kann jeder Fakten vorbringen, die die eigenen Theorien rechtfertigen. Es genügt, das Blickfeld etwas einzuschränken, um sich davon zu überzeugen, dass man im Recht ist. Schwieriger hingegen ist es, sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen. Ständiger Einsatz ist erforderlich, um an Daten zu kommen, um Situationen zu analysieren und Probleme zu verstehen. Manche Situationen sind derart kompliziert (wie der Bereich Krankenversorgung mit seinen unzähligen privaten und öffentlichen Stellen), dass es schwierig wird, sich die erforderlichen Daten zu besorgen, um sich ein klares Bild zu machen.
Um zu verstehen, müssen zudem alte Denkansätze über Bord geworfen werden, die mit der neuen Realität nichts mehr zu tun haben. In der politischen Dialektik geht es immer noch um "rechts und links". Das Problem unser heutigen Zeit ist jedoch vielmehr die Entscheidung zwischen Ferne und Nähe.
Die institutionellen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sogar die spirituellen Grenzen unterliegen einer Definitionswandlung, wobei es fast als gegeben angesehen wird, dass die Machtzentren, die arbeitstechnischen und produktiven Zentren in die Ferne gerückt werden müssen. Die Umgestaltung muss entsprechend geführt werden und uns in die Lage versetzen, die richtigen Entfernungen zu definieren. Eine gewissen Anzahl an Problemen muss auf globaler Ebene angegangen werden, andere auf kontinentaler, nationaler, regionaler, kommunaler oder Stadtteil-Ebene. Die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen erfordert Produktions- und Verhaltensmodelle auf individueller Ebene. Die Tatsache, dass die meisten Produkte nicht mehr repariert werden können, wird stark durch das System der Massenproduktion gefördert.  In allen Bereichen (Transport, Bürokratie, Landwirtschaft, Pflege, Sicherheit etc.) besteht das Problem darin, sich zwischen einer "fernen" und einer "nahen" Lösung zu entscheiden. Die Tatsache, dass das globale Finanzwesen koordinierte Lösungen fordert, heisst noch lange nicht, dass die globalen Institutionen den Markt der Finanzprodukte dominieren müssen. Im Gegenteil, gerade die Verhinderung der Konzentration auf wenige globale Konzerne könnte eine Lösung sein. Das "Rezept" für die Lösung des Problems der Staatsverschuldung muss nicht zwangsläufig auf die Zentralisierung und Erhöhung des Steuerdrucks hinauslaufen. Es könnte das Schweizer Modell sein, das auf der lokalen Verantwortung und der Steuerkonkurrenz basiert.
Immer mehr Fragen müssen unter dem Gesichtspunkt der Entfernung (Ferne - Nähe) analysiert und angegangen werden. Die politischen Parteien müssen sich um eine neue Selbstdefinition auf der Grundlage neuer Kriterien bemühen. Die Medien müssen bei der Beurteilung politischer Handlungen nach dem Schema "Nähe und Ferne" vorgehen und nicht mehr nach dem Schema "Rechts und Links".